Geduldig harre ich in dem grünen Dämmerlicht inmitten von Ficus Benjamina, Ficus Elastica, Ficus Ginseng und etlichen anderen dieser Gewächse aus, bis ich fürchte, in ein Wachkoma zu fallen. Um nicht wieder in eine Phase destruktiven Grübelns zu versinken, wovor Dr. Hilli mich eindringlich gewarnt hat, rufe ich eine Folge meiner Lieblingsserie auf, ein probates Mittel, um mein inneres Gleichgewicht zu wahren. Meistens wirkt es, aber leider nicht immer.

Staffel 612, Episode 31 der ungemein populären Soap mit dem vielsagenden Titel 'Unsere kleine Raumstation' handelt davon, wie ein Sohn der Familie, die auf einer agrarisch genutzten Space Station eine Hydroponische Farm betreibt, entdeckt, dass er gerne Schriftsteller werden möchte. Da ich gerade dabei bin, meine eigenen kreativen Talente auszuschöpfen, empfinde ich natürlich eine Menge Sympathie mit dem hochbegabten jungen Burschen, dessen Potenzial niemand in seiner Umgebung anerkennen will.
Natürlich gebe ich mich meinem privaten Video Konsum nicht so weit hin, dass ich meine Umgebung völlig vergesse. Ich dimme meine Facettenaugen lediglich so weit herunter, dass ich jede auch noch so minutiöse Bewegung meiner Chefin mitkriege.

Es kommt, wie es kommen muss. Nicht mal bei wichtigen Entspannungsübungen hat unsereins seine Ruhe. Als ich sehe, wie Ms Penny mit Schwung die rechte untere Schreibtischschublade bis zum Anschlag herausreißt, klingeln bei mir sämtliche Alarmglocken. Es gibt Besuch, und zwar kann es sich bei dem erwarteten Gast nur um einen ganz bestimmten Typen handeln.

In fliegender Hast fördert meine Chefin Utensilien zutage und verteilt sie nach einem nur ihr ersichtlichen System auf der Schreibtischplatte. Dabei handelt es sich um so profane Dinge wie einen Spiegel nebst einer Unzahl von Stiften und kleinen Dosen, die irgendwelche seltsamen Mittelchen zwecks Verschönerung des weibliche Antlitzes enthalten.

Verstohlen kichere ich in mich hinein, derweil meine Chefin mit Verve ihr Gesicht mit allerlei Farben und Pulvern zukleistert. Das einzig Positive an dieser kosmetischen Sanierungsaktion ist, dass sie meine Anwesenheit völlig vergisst. Bin ja auch nur der dumme kleine Tiro, der Bürobot, den man zwischen Ficus Ginseng und Ficus Benjamina stehen lassen kann wie bestellt und nicht abgeholt. Soll mir nur recht sein. Hab mich schon daran gewöhnt, dass ich ignoriert werde. Bis man mich für wie auch immer geartete untergeordnete Tätigkeiten braucht. Als wäre ich ein Sklave oder so was in der Art. Der Subalterne vom Dienst.

Natürlich hatte ich wieder Mal den richtigen Riecher, was die Identität des Besuchers betrifft. Kaum hat mein Chefin sich in eine dichte Wolke eines penetrant stinkenden Parfüms eingenebelt, das vorübergehend meine olfaktorischen Sensoren paralysiert, da ertönt ein energischer Klopfen an der Tür, das wohl viril wirken soll. Ms Penny strafft ihre knochigen Schultern, dass die Nähte ihrer altmodischen Bluse zu platzen drohen, streicht sich hektisch über ihre missglückte Dauerwelle und zwitschert mit honigsüßer Stimme 'Herein!'

Schwungvoll geht die Tür auf und mit strahlendem Lächeln und federnden Schritts hat unser College Casanova seinen großen Auftritt.

Ich spreche natürlich von Professor Doktor Denzil Defoe, von wem denn sonst.